Quantcast
Channel: Krieg – Papstgeflüster – Das Vatikan-Blog
Viewing all articles
Browse latest Browse all 59

Papst wirbt für geschwisterliche Welt

$
0
0

Zum Weihnachtsfest 2020 hat Papst Franziskus einmal mehr für ein neues Miteinander der Menschen geworben. „In diesem historischen Augenblick, der von der ökologischen Krise und von schwerwiegenden wirtschaftlichen und sozialen Missverhältnissen gekennzeichnet ist, die durch die Pandemie des Coronavirus noch verschlimmert wurden, bedürfen wir mehr denn je der Geschwisterlichkeit“, erklärte Franziskus beim traditionellen Segen Urbi et orbi am Weihnachtstag. In der Christmette rief der die Menschen zu einem neuen Selbstbewusstsein auf. Beide Feiern fanden weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und waren nur über Videostream zu verfolgen.

Die Weihnachtsansprache 2020 richtete Papst Franziskus in der Benediktsions-Aula des Petersdoms an die Menschen in aller Welt. (Quelle: ap)

Weihnachten unter Coronabedingungen

Weihnachten 2020 ist auch im Vatikan anders. Keine feierliche Christmette mit mehreren tausend Gläubigen, kein Weihnachtssegen von der Mittelloggia des Petersdoms mit zehntausenden Menschen auf dem Petersplatz, Musikkapellen und Hymnen. An Heiligabend feierte Franziskus mit einhundert Gläubigen die Messe im Petersdom. Die Weihnachtsbotschaft verlas er in der Segensaula des Petersdoms. Dabei griff Franziskus das Thema auf, das in den letzten zwei Jahren für ihn immer zentraler wurde neben der Barmherzigkeit: die Geschwisterlichkeit, „die auf der konkreten Liebe gründet, die fähig ist, dem anderen von mir verschiedenen Menschen zu begegnen, mit ihm zu leiden, sich ihm zu nähern und sich seiner anzunehmen, auch wenn er nicht meiner Familie, meiner Volksgruppe, meiner Religion angehört; er ist anders als ich, aber er ist mein Bruder, sie ist meine Schwester“.

Dem Thema hatte Franziskus zuletzt seine neuste Enzyklika gewidmet, die Anfang Oktober veröffentlicht wurde. In „Fratelli tutti“ geht es um die Geschwisterlichkeit und soziale Solidarität. In der Weihnachtsbotschaft rief Franziskus nun zum gemeinsamen Engagement gegen Ungerechtigkeit und für Frieden sowie Versöhnung auf. Traditionell erinnert er an die Konflikte rund um den Globus: Syrien, Irak, Heiliges Land, Libanon, Chile und Venezuela, Ukraine und Nagorny Karabach, Burkina Faso, Mali und Niger, Äthiopien, Mosambik, Südsudan und Nigeria. Franziskus dankte denen, die in der Coronapandemie „Hoffnung, Trost und Hilfe“ bringen, „indem sie den Leidenden beistehen und die Einsamen begleiten“. Er fordert, „dass allen der Zugang zu den Impfungen und Therapien gewährleistet wird“. Es sei eine neue internationale Kooperation notwendig, denn die Herausforderung, die die Pandemie darstellt, kenne keine Grenzen und könne nicht durch Barrieren aufgehalten werden.

Mutmachende Botschaft in Christmette

In der Christmette versuchte Franziskus den Menschen Mut zu machen. Das Wissen, Tochter oder Sohn Gottes zu sein, „ist das unzerstörbare Innerste unserer Hoffnung, der glühende Kern, der das Leben aufrechterhält: Tiefer als unsere Begabungen und unsere Mängel und stärker als die Wunden und Misserfolge der Vergangenheit, stärker als die Ängste und Sorgen um die Zukunft“. Franziskus mahnte aber auch, die Teufelskreise aus Unzufriedenheit, Ärger und Klagen zu durchbrechen. Die Menschen wollten unersättlich mehr haben und stürzten sich auf „die vielen Futterkrippen der Eitelkeit“. Die Krippe von Bethlehem sei arm an allem, aber reich an Liebe. Die Nahrung des Lebens bestehe darin, sich von Gott lieben zu lassen und andere zu lieben. Weihnachten, die Geburt Jesu sei die Neuheit, die es uns Jahr für Jahr ermöglicht, innerlich neu geboren zu werden und in ihm die Kraft zu finden, jede Prüfung zu bestehen.

Der Papst als Brückenbauer

Zu Beginn der Weihnachtswoche hatte Franziskus sich mit den führenden Bischöfen und Kardinälen der Kurie getroffen. In den früheren Jahren ging er dabei mit den Kurienchefs schon einmal hart ins Gericht. Am Montag mahnte er die Kirchenmänner, sie sollten die aktuelle Krise der Kirche als Chance begreifen und sich nicht in Konflikten verbeißen. Er mahnte, „eine Krise nicht mit einem Konflikt zu verwechseln“. Das seien zwei verschiedene Dinge. „Die Krise hat im Allgemeinen einen positiven Ausgang, während ein Konflikt immer Auseinandersetzung, Wettstreit und einen scheinbar unlösbaren Antagonismus hervorbringt, bei dem die Menschen in liebenswerte Freunde und zu bekämpfende Feinden eingeteilt werden, wobei am Schluss nur eine der Parteien als Siegerin hervorgehen kann.“ Interpretiere man die Kirche nach den Kategorien des Konflikts, „rechts und links, progressiv und traditionalistisch – fragmentiert, polarisiert, pervertiert und verrät man ihr wahres Wesen“, so Franziskus.

Franziskus will zu Weihnachten 2020 Brücken bauen. Er ist überzeugt, dass genau das die Welt, aber auch die Kirche braucht. Es ist wie eine ausgestreckte Hand, ob sie jemand ergreift, liegt nicht am Papst. Mit Blick auf innerkirchliche Krisen bleibt aber die Frage, inwieweit er wirklich allen diese Hand entgegenstreckt und er wirklich bereit ist, Brücken zu bauen. Immer wieder gibt es Stimmen, meist die, die gegen den Papst gerichtet sind oder in kritisieren, die von ihm nicht zum Dialog eingeladen werden, obwohl Franziskus eben diese Kultur des Dialogs und der Begegnung immer wieder propagiert.

P.S. Ein Rückblick auf das Jahr des Papstes gibt es bei ZDFheute.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 59