Quantcast
Channel: Krieg – Papstgeflüster – Das Vatikan-Blog
Viewing all articles
Browse latest Browse all 59

Gebet statt Waffen

$
0
0

Angesichts des „grausamen und sinnlosen Kriegs, der die Welt bedroht“, so die Worte von Papst Franziskus am Freitagabend, hat sich der Pontifex für eine besondere Geste entschieden. Er weihte im Petersdom die Ukraine und Russland dem „unbefleckten Herzen Mariens“, das heißt er bat um den besonderen Schutz der Gottesmutter für die beiden Nationen sowie die ganze Menschheit. Die Geste wirkt auf manche Beobachter antiquiert. Mit ihren historischen Bezügen ist sie auch nicht unproblematisch. Doch der Papst hat keine anderen Waffen als Worte, Gesten und das Gebet. Franziskus versucht diese möglichst friedensstiftend einzusetzen. Zudem gilt, wer wenn nicht der Papst muss auf die Kraft des Gebets vertrauen.

Papst Franziskus am Abend beim Gottesdienst im Petersdom. (Quelle: dpa)

„Menschlichkeit verloren“

Weltweit schlossen sich Bischöfe der Initiative des Papstes an und feierten am Freitagabend Gebetsgottesdienste für ein Ende des Kriegs in der Ukraine. Der Petersdom war bis auf den letzten Platz gefüllt, als Papst Franziskus am Ende des Bußgottesdienstes, den er traditionell in der Fastenzeit feiert, die Marienweihe vollzog. Einmal mehr sparte der Pontifex nicht an deutlichen Worten, kritisierte, dass die Menschheit sich „in nationalistischen Interessen verschlossen“ habe, dass sie es vorgezogen habe, „mit unseren Lügen zu leben, Aggressionen zu nähren, Leben zu unterdrücken und Waffen zu horten“. Auch hätten die Menschen „die Lehren aus den Tragödien des letzten Jahrhunderts und das Opfer der Millionen in den Weltkriegen Gefallenen vergessen“, beklagte Franziskus. „Wir haben die Menschlichkeit verloren, wir haben den Frieden verspielt. Wir sind zu aller Gewalt und Zerstörung fähig geworden.“

Die Marienweihe war in der Vergangenheit immer wieder mit nationalistischen Zügen verbunden, weil es darum ging, ein konkretes Land unter den Schutz Mariens zu stellen. Indem Franziskus am Freitag sowohl das russische als auch das ukrainische Volk in sein Gebet aufnahm, hat er einem einseitigen Verzwecken der Muttergottes vorgebeugt. Maria hat gerade in der orthodoxen Spiritualität einen hohen Stellenwert. Daher findet das Vorgehen des Papstes durchaus Beachtung. Er bewahrt mit der Einbeziehung beider Länder auch ein Stück weit seine Neutralität, auch wenn er an seiner Haltung zum Krieg und der Frage, wer Angreifer und wer Angegriffener ist, keinen Zweifel lässt.

Fährt der Papst nach Kiew?

In den vergangenen Tagen wurden Stimmen laut, Papst Franziskus solle zwischen Russland und der Ukraine vermitteln. Präsident Selenskyj hatte zuletzt nach einem Telefonat mit dem Kirchenoberhaupt davon gesprochen. Er hatte Franziskus zudem zu einem Besuch nach Kiew eingeladen. Auch das russische Außenministerium begrüßte am letzten Wochenende die Vermittlungsbemühungen des Vatikan. Franziskus hat sich immer wieder als Brückenbauer betätigt. Das ist auch in der aktuellen Situation nicht ausgeschlossen. Bei aller Diskretion der vatikanischen Diplomatie wäre ein Besuch in Kiew ein starkes Zeichen.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 59