Mit einem eindringlichen Friedensappell ist am Abend das Treffen der Religionen in Assisi zu Ende gegangen. Mehrere hundert Vertreter unterschiedlicher Religionen aus der ganzen Welt waren in der Stadt des heiligen Franz zusammengekommen. Auch wenn, von den christlichen Repräsentanten abgesehen, es keine hochrangigen Vertreter der jeweiligen Religion waren, zählt das Signal, das von Assisi ausgeht: Dialog zwischen Religionen ist möglich. Und: Die Religionsführer haben eine hohe Verantwortung, ihre Mitglieder zum Dialog und zum gegenseitigen Respekt zu bewegen und nicht zum Gegenteil. „Als Religionsführer sind wir gehalten, feste Brücken des Dialogs zu sein, kreative Vermittler des Friedens“, so Papst Franziskus bei der Abschlussveranstaltung am Abend. „Unsere Zukunft ist das Zusammenleben. Daher sind wir aufgerufen, uns von den schweren Bürden des Misstrauens, der Fundamentalismen und des Hasses zu befreien.“ Um den Kritikern derartiger Veranstaltungen den Wind aus den Segeln zu nehmen betonte das katholische Kirchenoberhaupt zugleich: „Heute haben wir nicht gegeneinander gebetet, wie es leider manches Mal in der Geschichte vorgekommen ist. Ohne Synkretismus und ohne Relativismus haben wir hingegen nebeneinander und füreinander gebetet.“
Füreinander, nicht miteinander gebetet
Vor 30 Jahren hatte Papst Johannes Paul II. Ende Oktober 1986 zum ersten Friedenstreffen der Religionen nach Assisi eingeladen. Seitdem wird es jedes Jahr von der römischen Laienbewegung Sant’Egidio in einer anderen europäischen Stadt veranstaltet. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 sowie zum 25-Jahr-Jubiläum kehrte es jeweils wieder in die umbrische Kleinstadt zurück. 2011 übrigens unter der Leitung von Papst Benedikt XVI., der 1986 als Kardinal Joseph Ratzinger dem Treffen noch sehr kritisch gegenüber stand, befürchtete Ratzinger doch die Gefahr des Synkretismus. Doch es wird streng getrennt gebetet bei den Friedenstreffen: „nebeneinander und füreinander, wie Franziskus es heute ausdrückte“. In seiner Rede sparte er nicht mit deutlichen Worten. Einmal mehr kritisierte er das „Heidentum der Gleichgültigkeit“ angesichts der Konflikte und Nöte weltweit. Der Frieden, um den es in Assisi gehe, sei nicht das Ergebnis von Verhandlungen sondern die Frucht des Gebets. „Wir haben keine Waffen. Wir glauben aber an die milde und demütige Kraft des Gebets.“ Erneut verurteilte er jegliche Gewalt im Namen der Religion. „Allein der Friede ist heilig und nicht der Krieg!“
Patriarch Bartholomaios I.: “Es gibt keinen Frieden ohne Respekt und gegenseitige Anerkennung, es gibt keinen Frieden ohne Gerechtigkeit, es gibt keinen Frieden ohne die Zusammenarbeit unter allen Völkern der Welt. ” Er forderte, selbstkritisch die eigenen Gemeinschaften zu prüfen, wo sie Fehler gemacht hätten und nicht aufmerksam genug gewesen seien und so „Fundamentalismen entstanden sind, die nicht nur den Dialog mit den anderen gefährden, sondern auch den internen Dialog“. Rabbiner David Brodman, der 1943 als Siebenjähriger in ein Konzentrationslager deportiert wurde und überlebte, sieht im „Geist von Assisi“ eine Antwort auf die Tragödie der Shoah und aller Kriege. „Denn hier sagen wir der Welt, dass es möglich ist, Freunde zu werden und in Frieden zusammenzuleben, auch wenn wir verschieden sind.“ Brodmann nahm zum 10. Mal an dem Friedenstreffen teil. Sichtlich bewegt erklärte er: „Ich bin im Alter Teil dieses einzigartigen Geistes geworden: alle verschieden, aber alle gemeinsam mit dem Mut des Dialogs, um Konflikten vorzubeugen und eine menschliche Welt zu schaffen, in der jeder im anderen das Bild Gottes erkennen kann.“
Steter Tropfen …
Die Bilder sind die Botschaft von Assisi: Papst, Imam, Rabbi, buddhistischer Patriarch und andere Religionsvertreter können friedlich miteinander in Dialog treten. Zum 30. Mal fand das Friedenstreffen nun statt. Und was haben die vielen Treffen gebracht? Es ist wie ein Tropfen auf einen heißen Stein; aber soll man es deshalb sein lassen? Es gilt wohl auch hier: steter Tropfen höhlt den Stein. Im nächsten Jahr findet das Friedenstreffen vom 10. bis 12. September in Münster und Osnabrück statt. Dann kommt ein weiterer Tropfen hinzu.
Dass jeder Tropfen wichtig ist, machte am Morgen in Fulda der chaldäisch-katholische Erzbischof Bashar Warda aus Erbil deutlich. Er richtete am Rande der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz einen eindringlichen Hilfsaufruf an die Öffentlichkeit. Die nächsten Monate entschieden, ob das seit 2000 Jahren im Irak heimische Christentum dort eine Zukunft hat oder bis auf kleine museale Reste ausgelöscht wird, so Warda. Zugleich bedankte er sich für die Solidarität der Menschen in Deutschland. Von hier sei in den letzten zwei Jahren so viel materielle Unterstützung gekommen wie aus allen anderen Ländern zusammen. Ein Vertreter der Bischofskonferenz erklärte, die deutschen kirchlichen Hilfswerke und die Bischofskonferenz hätten 2015 die Länder des Mittleren Ostens mit rund 42 Millionen Euro unterstützt. Dazu kamen Solidaritätsbesuche in der Region sowie Gegenbesuche von Kirchenvertretern von dort in Deutschland. Dabei versuche man immer, diese mit deutschen Politikern ins Gespräch zu bringen, um einen direkten Dialog zu ermöglichen.
Konklave bei der Bischofskonferenz
Konklave-ähnliche Züge nahm heute die Wahl der Bischöflichen Kommissionen an. Bis zum frühen Abend mussten die Journalisten auf die Bekanntgabe der Ergebnisse warten. Spannend war vor allem, wer die Nachfolge von Kardinal Karl Lehmann als Chef der Glaubenskommission antritt. Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hatte sich hier große Chancen ausgerechnet. Am Ende wurde aber der Speyrer Bischof Karl-Heinz Wiesemann neuer Leiter. Voderholzer bleibt, wie schon zuvor unter Lehmann, Stellvertreter. Damit ging ein als konservativ geltender Vertreter bei der wichtigen Glaubenskommission leer aus. Dafür übernimmt Wiesemanns Position als Jugendbischof künftig der Passauer Bischof Stefan Oster. Damit dürften spannende Diskussionen über die Ausrichtung der Jugendpastoral in Deutschland vorprogrammiert sein.
Auffallend ist, dass Kardinal Rainer Maria Woelki den Vorsitz der Caritas-Kommission abgegeben hat und fortan keine Kommission mehr leiten wird. Er ist zwar zweiter Mann in der Kommission IV für „Geistliche Berufe und Kirchliche Dienste“. Aber dass der Erzbischof von Köln keinen Vorsitz innehat ist äußerst ungewöhnlich und dürfte wohl auch ein Zeichen des Protestes sein. Zu hören ist, dass Woelki gerne den Bereich Migration übernommen hätte, der ab sofort vom Hamburger Erzbischof Stefan Heße geleitet wird. Heße ist seit vergangenem Jahr bereits Sonderbeauftragter für Flüchtlingsfragen der Bischofskonferenz. Die Caritaskommission hat der Freiburger Erzbischof Stephan Burger von Woelki übernommen. Sonst sind die Verantwortlichkeiten geblieben. Einzig zwei Unterkommissionen haben neue Leitungen: Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyer ist nach der Pensionierung von Bischof Heinrich Mussinghoff federführend im Dialog mit dem Judentum, der neue Limburger Bischof Georg Bätzing übernimmt die Unterkommission für den Interreligiösen Dialog vom Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke, der in der kommenden Woche 75 Jahre alt wird.
DBK-Vorsitzender Reinhard Marx hatte bereits gestern beim Auftakt angekündigt, dass es bei den Kommissionsbesetzungen noch einige Diskussionen geben werde. Das scheint dem Vernehmen nach heute auch der Fall gewesen zu sein. Der Vorsitz von Kommissionen ist immer auch ein Richtungssignal. Hier zeigt sich, dass die Bischofskonferenz in großen Teilen auf Kontinuität setzt. Die konservativen Kräfte, wie sie sich vor allem mit den Bischöfen in Regensburg, Passau, Augsburg und Eichstätt zeigen, müssen aber auch eingebunden werden, um tiefere Gräben zu vermeiden. Dass die Sachdiskussionen derzeit nicht einfach sind, zeigt der zähe Prozess bei der Erstellung eines Papiers zu Ehe- und Familienfragen. Der synodale Prozess zum Thema ist seit einem Jahr abgeschlossen. Der Papst hat mit „Amoris laetitia“ seine Schlüsse aus dem Prozess vorgelegt. Allein es fehlt an einer gemeinsamen Antwort der deutschen Bischöfe.